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Erinnerungskultur
Orte "gegen das Vergessen"
Der alte Kirchspielort Bergen wurde 1936 einer der Randorte eines neu geschaffenen Truppenübungsplatzes, für den, anders als in Munster, zahlreiche Menschen ihre Heimat verlassen mussten. In Bergen-Hohne wurde ein Militärlager errichtet. Heute wissen wir, dass hier der Ausgangspunkt für tausendfaches Sterben lag. Denn vor der zweifelhaften Berühmtheit Bergen-Belsens als Standort eines Konzentrationslagers lag das Leiden vor allem sowjetischer Kriegsgefangener. Und noch während des Krieges, aber vor allem kurz vor dessen Ende fanden hier im Lazarett, aber auch bei den Kämpfen in der Heide deutsche und alliierte Soldaten den Tod. Deren Andenken soll an den insgesamt vier Kriegsgräberstätten bewahrt werden. Dass es ein Anrennen gegen das Vergessen ist, wird besonders in den kleinen Dörfern deutlich. Schauen Sie einmal genau hin, wenn Sie ein Kriegerdenkmal sehen. Hier sind Söhne von Müttern gestorben, Männer von Frauen, Brüder von Schwestern... Die Kriegerdenkmäler sind Orte des Gedenkens an die gefallenen deutschen Soldaten an der Front sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg.
Jährlich wird mit einer Gedenkfeier am Volkstrauertag der Kriege und ihrer Opfer aller Nationalitäten gedacht und zum Frieden in Europa und der Welt ermahnt. Zum Andenken an die Toten werden anschließend Kränze niedergelegt.
Die Initiativen, die Bergens Geschichte bewahren, tragen aber auch Früchte in die Zukunft und jüngere Gedenkstätten mit Friedensbotschaften komplettieren das Bild.
Gedenkstätte Bergen-Belsen
In der Gedenkstätte werden die Geschichte des Konzentrationslagers Bergen-Belsen nachgezeichnet und Erinnerungen an die Verbrechen in der nationalsozialistischen Zeit wachgehalten. Mit dem Konzentrationslager Bergen-Belsen sind weltweit der Leidensweg der Anne Frank und ihr Tagebuch assoziiert.
Ausführliche Informationen zur Gedenkstätte finden Sie unter https://bergen-belsen.stiftung-ng.de.
Sowjetischer Kriegsgefangenenfriedhof
Auf dem Kriegsgefangenenfriedhof, ca. 600 m vom Lager entfernt, wurden von 1941 bis 1945 mindestens 19.580 sowjetische, 142 italienische und drei polnische Kriegsgefangene begraben. Der Friedhof wurde 1945 von der sowjetischen Militärmission neu hergerichtet und mit einem Ehrenmal versehen. Ein deutscher Gedenkstein wurde 1968 gesetzt. In dem Jahr erhielt der Friedhof seine heutige Gestalt aus leicht erhabenen Gräber- und Freiflächen. Die Italiener wurden 1958 nach Hamburg-Öjendorf umgebettet.
Becklingen War Cemetery - Britischer Soldatenfriedhof bei Becklingen-Oehus
Die von 1939-45 Verstorbenen des Commonwealth wurden hierher umgebettet.
Philip Hepworth gestaltete den Becklingen War Cemetery. Die Mehrzahl der Gräber wurde mit Soldaten belegt, die bei den Kämpfen zwischen Weser und Elbe im April und Mai 1945 gefallen waren. Es wurden aber auch britische Kriegsgefangene aus Fallingbostel-Oerbke hier bestattet.
Insgesamt liegen 2.401 Kriegsopfer auf dem Friedhof, davon 2.374 Opfer aus dem Commonwealth und 27 anderer Nationalität, meist Polen.
Der Friedhof in Becklingen ist an einem Hang gut einsehbar angelegt. Er wird durch ein Eingangsportal betreten, in dem die Belegung der Anlage hinterlegt ist. Dahinter findet sich der "Stone of Remembrance", ein großer Gedenkstein. An der Stirn des Friedhofs steht ein Hochkreuz mit hoch aufgesetztem Schwert, das "Cross of Sacrifice". Die Einzelgräber sind in symmetrischer Form in Reihen angelegt. Sie haben weiße Grabmahle mit Inschrift und persönlicher Widmung.
Waggon gegen das Vergessen
Der Verladebahnhof, der eigentlich nur aus einer Verladerampe bestand, wurde 1936 gebaut, um das Truppenlager Bergen zu versorgen und um Truppen und Panzer zu transportieren. Gegen Ende des Krieges, als die Front immer näher rückte, wurden mehr und mehr verwundete und kranke deutsche Soldaten hierher gebracht und vom Verladebahnhof aus in das Lazarett der Kaserne gebracht. Von hier aus wurden auch die Kriegsgefangenen und ab 1943 mit dem Zug angelandete KZ-Häftlinge nach Belsen getrieben. Der Verladebahnhof wurde nach dem Krieg noch einmal in dem genannten Zusammenhang wichtig. Von hier aus fuhren die "Displaced Persons", ehemals vom Nationalsozialismus Verfolgte, die auf deutschem Boden befreit worden waren, zurück in ihre Heimat oder wanderten nach Israel, die USA und andere Länder aus.
1970 wurden Gleis 2 und 4 neu gebaut. 2000 wurde das Gleis 6 unter Denkmalschutz gestellt. 2002 wurde eine Kopframpe nach historischen Maßstäben wieder aufgebaut und der "Waggon gegen das Vergessen" aufgestellt. Noch heute wird die Verladerampe von der NATO als Zubringer für Kaserne und Übungsplatz genutzt.
Sühnekirche
Die katholische Sühnekirche wurde 1961 dem Gedenken an die Opfer ungerechter Gewalt in Bergen-Belsen geweiht. Als Grundstein wurde ein Stein des 1945 zerstörten Hildesheimer Domes als Symbol des Verzeihens miteingebaut.
Der Altar symbolisiert ein Grab und soll an das Sterben in Bergen-Belsen erinnern. Der Grundriss der Kirche hat die Form einer Kelchschale, die sich nach dem 8 km weit entfernten Ort des Schreckens hin öffnet. Der Turm der Kirche soll einem mahnenden Zeigefinger ähneln.
Anne-Frank Friedenskastanie
Mitten in Bergen an der St. Lamberti-Kirche wurde ein lebendiges Symbol des wachsenden Friedens geschaffen. Auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft Bergen-Belsen e.V. und der dortigen Kirchengemeinde wurde am 12.06. 1999 zum 70. Geburtstag Anne Franks nahe der Tausendjährigen Eiche eine Kastanie, der Anne-Frank-Friedensbaum, gepflanzt.
Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. Wegen ihres jüdischen Glaubens wanderte die Familie Frank in die Niederlande aus, als Hitler 1933 in Deutschland an die Macht kam. In Amsterdam fand sie ein neues Zuhause. Kurz nach Annes 13. Geburtstag versteckte sich die Familie Frank im Hinterhaus des väterlichen Kontors. 1944 wurde die Familie verraten. Es folgten Verhaftung und Deportation nach Auschwitz.
Anne und ihre Schwester Margot wurden bald darauf in das Konzentrationslager Bergen-Belsen verlegt, wo sie im März 1945 an Hunger, Kälte und Krankheit starben. Ihr Vater überlebte.
In der Zeit im Versteck schrieb Anne ihr Tagebuch, das nach ihrem Tod von ihrem Vater herausgegeben wurde. In Anlehnung an den von Anne Frank so geliebten Kastanienbaum, den sie vom Dachfenster ihres Verstecks aus im Hinterhof sehen konnte, wurde ein solcher auch in Bergen gepflanzt und mit einer Gedenktafel versehen.